Die Vitamin B17 & Resveratrol Kapseln von Boos Labs (Slowakei) kommen in einer 8,5 cm hohen Dose mit Schnappverschluss, sind mit 2,7 x 0,9 cm ziemlich große Eumel, lassen sich unzerkaut mit etwas Wasser dennoch geschmacksneutral gut schlucken. Pro Tag soll eine der 80 Kapseln genommen werden, die dann 150 mg Aprikosen(kern?)-Pulver und 150 mg Resveratrol enthält.
Resveratrol gehört zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe, speziell zu den Polyphenolen. Größere Mengen Resveratrol sind vor allem in der Schale von roten Trauben, Erdnüssen und im Japanischen Staudenknöterich enthalten. Resveratrol wird wie das OPC aus Traubenkernen als starkes Antioxidans beworben, präventiv hilfreich etwa gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aus Sicht der Hersteller soll es Alterungs-Vorgänge aller Art verlangsamen. Wissenschaftlich bewiesen ist davon nichts. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stufte Gesundheitsaussagen bezüglich der antioxidativen Wirkung von Resveratrol und in Bezug auf die Hautalterung als nicht ausreichend belegt ein. Höchstrichterlich festgestellt gibt es derzeit auch keine verlässlichen wissenschaftlichen Studien über eine signifikante Wirkung von OPC auf den menschlichen Organismus. (Internet-Quellen: verbraucherzentrale.de, wikipedia.de). Wer an Resveratrol und/oder an OPC glaubt und nichts versäumen möchte, kann im Allgemeinen dennoch unbesorgt zugreifen, denn schädliche Nebenwirkungen sind nicht bekannt.Anders verhält es sich mit Amygdalin, das von interessierter Seite als Vitamin B17 vermarktet wird. Bei der ad hoc Bestellung des Test-Exemplars dachte ich, es handle sich tatsächlich um ein neu entdecktes Vitamin. Eine kurze Internet-Recherche bei seriösen Quellen hat mich aber schnell eines Besseren belehrt.Amygdalin ist ein cyanogenes (Blausäure abspaltendes) Glykosid, das der Körper für seine normale Funktion nicht benötigt, also kein Vitamin wie oft behauptet. Während der Verdauung entsteht daraus giftige Blausäure. Geringe Mengen Amygdalin kann der menschliche Körper abbauen, aber schon beim Verzehr weniger bitterer Aprikosen- oder Mandelkerne kann es zu Vergiftungs-Erscheinungen kommen. Je nach Schwere der Vergiftung reichen die Beschwerden von Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen über Atemnot bis hin zum Tod. Die tödliche Dosis beim Menschen liegt bei etwa 0,5-3,5 mg Blausäure pro kg Körpergewicht. Ein einziger Aprikosenkern enthält bereits 0,5 mg Blausäure. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät Erwachsenen, nicht mehr als zwei Kerne täglich zu essen, für Kinder sind sie ungeeignet. (verbraucherzentrale.de, bfr.bund.de, vgl. auch utopia.de).

Amygdalin ist in Lebensmitteln verboten. Im Handel erhältliche Aprikosenkern-Ferment-Kapseln bestehen aus fein gemahlenen, entölten und fermentierten Bitteraprikosenkernen. Diese enthalten wahrscheinlich kein Amygdalin mehr. (Quelle a.a.O.).

Gemahlene bittere Aprikosenkerne in Kapseln werden immer wieder zur alternativen Krebsbehandlung angepriesen. Dort gilt ein B17-Mangel in der Nahrung als Krebsursache. Es finden sich Aussagen, wonach Amygdalin regelmäßig genommen vor Krebs schützt, ein Tumor schrumpfen, Krebszellen aus dem Körper verschwinden und Metastasen gar nicht erst entstehen können sollen. Weder für die Mangel-Hypothese noch für Wirkaussagen gibt es jedoch wissenschaftliche Beweise. Klinische Studien, die per Amygdalin-Injektion durchgeführt wurden, also nicht mit einem Nahrungsergänzungsmittel bzw. bitteren Aprikosenkernen, zeigten bei an Krebs erkrankten Menschen keinen Vorteil durch die Einnahme von Amygdalin, es kam aber in einigen Fällen zu Symptomen einer Blausäure-Vergiftung. Ein Review von 36 Studien kam 2006 zu dem Ergebnis, dass in keiner einzigen Studie ein Hinweis für eine mögliche Wirkung gegen Krebs beim Menschen nachweisbar war. (verbraucherzentrale.de, vgl. auch deutsche-apotheker-zeitung.de, utopia.de).

Sofern die vorliegenden Kapseln also tatsächlich noch Amygdalin enthalten (wovon auf dem Etikett nichts zu lesen ist), so sind sie als schädlich für die Gesundheit einzustufen. Keinesfalls sollten sie über die empfohlene tägliche Höchstmenge hinaus eingenommen und der Hersteller damit aus der Haftung entlassen werden.